Wie wichtig ist noch der Doktortitel? Teil 2

Professionalität

Dann gibt es da noch die Kategorie der Akademiker, die kaum drum rumkommen sich einen Doktortitel anzuschaffen.

In der Medizin sind es 70 Prozent aller Absolventen, die durch ihr Studium zum Doktortitel kommen. Ihr kennt vielleicht den Spruch „Jeder Mediziner ist ein Arzt, aber nicht jeder Mediziner ist ein Doktor“.

Ich sage „Jeder Mediziner ist ein Arzt, aber nur ein fauler(oder überforderter) Mediziner ist kein Doktor“.

Das ist vielleicht etwas gemein der Gemeinschaft der Mediziner gegenüber, doch ich weiß es aus erster Quelle, dass Mediziner(deren Studium bei Weitem kein Zuckerschlecken ist) ihren Doktor meist im Rahmen ihres Studiums machen. In wenigen Monaten.

Bei den Chemikern sind es sogar 72 Prozent und die Biologen, zu deren Zunft ich mich zähle, folgen auf Platz 3 mit 53 Prozent. Woher kommen so hohe Prozentsätze an Promotionen?

Wirtschaft und Ausbildung. Es gibt den Beruf des Technischen Assistenten. Diese Leute erlernen in ihrer Ausbildung die meisten Techniken, die ein Chemiker, oder Biologe in seinem Studium durch Praktika erlernt. Dabei verlangen sie weitaus weniger Gehalt, als ein Diplom- oder Masterabsolvent. Warum soll daher ein Unternehmer jemandem mehr bezahlen, wenn er nicht mehr Leistung bringt?

Daher gilt in diesen Branchen der Doktorgrad als eine Auszeichnung nicht nur für selbstständige Arbeit, sondern auch für den Erfindergeist, überdurchschnittliches Durchhaltevermögen, gehobene Fähigkeiten im Troubleshooting…und auch wiederrum die Fähigkeit sich über eine längere Zeit den Buckel kaputt zu arbeiten, bei einem relativ geringen Lohn, um eine höhere Qualifikation zu erlangen.

Das Letztere ist nämlich ein permanentes Status Quo in beinahe allen größeren und/oder erfolgreichen Unternehmen der Chemie- und Biologiebranche. Die Forschung schreitet so schnell voran, wie noch niemals. Neue Techniken, neue Strategien, neue Arbeitsansätze poppen auf wie Pilze im Wald, nach einem saftigen, warmen Sommerregen.

Die Fähigkeit damit umzugehen, schnell zu lernen, schnell das Team, das man anführt, darauf abzustimmen – das sind die Fähigkeiten, die von einem naturwissenschaftlichen Doktor erwartet werden.

Für wen lohnt es sich zu promovieren?

Die Zeiten ändern sich. Wie ich schon beschrieben habe, ändert sich der „Einsatzbereich“ der Doktors in die Richtung der definierten Professionalität. Niemand zahlt dir mehr, für weniger Kompetenz.

Das ist schließlich der ausschlaggebende Punkt für die Promotion. Du willst mehr verdienen. Es ist nicht die beste Lösung, ich weiß. Das sollte auch nicht der ausschlaggebende Punkt sein, doch er ist es meistens.

Der Doktor ist für die meisten der Faktor für ein gesteigertes Einkommen. Das gesteigerte Einkommen lässt sich viel einfacher(sprich mit weniger Einsatz) erreichen. Doch es gilt nach wie vor die Faustregel – je mehr du dich auf einem begrenzten Gebiet auskennst, desto mehr sind potentielle Kunden bereit zu zahlen. Leider sehen die meisten Doktoren für die Zeit ihres Lebens große Unternehmen als Kunden. Je größer, desto besser.

Dabei übersehen sie die andere Faustregel: Das Unternehmen nimmt als Ertrag mindestens das Doppelte deines Bruttogehaltes ein.

Von nun an gilt die Zweiteilung. Es lohnt sich zu promovieren für:

  • Die Menschen, die gewillt sind den bestmöglichen Eindruck bei den Großen der Industrie zu erzeugen und dadurch ihr Jahresgehalt zu pushen.
  • Die Menschen, die gewillt sind sich in ihrem Zweig völlig aufzulösen, der größtmögliche Experte darin zu werden und ihr Wissen hinterher zu verkaufen(ob an Unternehmen, oder Privatpersonen)
  • Die Menschen, die nicht nur ihre Promotion, sondern auch ihr gesamtes Leben dem Wohle der Menschheit verschrieben haben(und vor denen habe ich den größten Respekt, siehe Nikola Tesla)
  • Menschen, die einfach nur Lust haben etwas länger an der Uni zu bleiben, die Romantik der Tapetenernährung zu genießen und sich etwas mehr Zeit zu nehmen „sich selbst zu finden“

Die Egomonster werden mit der Zeit aussterben. Leute, die sich durch den Doktor versuchen zu profilieren werden in naher Zukunft nicht nur vom engen Kollegen, sondern auch vom nächsten Nachbarn die Frage gestellt bekommen, ob sie nun ein echter Doktor sind, oder so einer wie Dr. Oetker. Der Doktor in „Adjektivverwendungen des frühen Schaffens von Chuck Palahniuk“ erzeugt eines Tages einfach nicht den Respekt, den die Zeit verlangt, die man hineingesteckt hat.

Seid gewarnt, sowohl die Anwärter, als auch die Neider.

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